
Der Pro Clubs-Modus bietet inzwischen detaillierte Einblicke ins Spielgeschehen. Von Expected Goals bis hin zu individuellen Spielerstats wird jede Ballaktion erfasst und ausgewertet. Abseits der offiziellen Match-Statistiken bleibt in der ProLeague allerdings vieles im Nebel, da das Abgreifen und Speichern der Daten bislang nicht automatisiert möglich ist. Chris „KREA“, erfahrener Spieler mit über 400 Pflichtspielen in der ProLeague, wollte sich damit nicht zufriedengeben und verwaltete die Datenflut auf eigene Faust. Seit 2020 sammelt er die Daten seiner Ligaspiele, zunächst nur intern, später kurzzeitig öffentlich über das Statistik-Center auf der Website von Sturmtief. Inzwischen hat es KREA zur TSG Hoffenheim gezogen, wo er nun gegen das virtuelle Leder tritt. Im Interview gewährt er einen ehrlichen Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen datenbasierter Spielanalyse im Pro Clubs.
Wie alles begann
KREAs Einstieg in die Statistik-Welt war von einer simplen Idee getrieben: „Ich bin begeisterter Football-Manager-Spieler und investiere dort jährlich hunderte Stunden. Im Pro-Clubs-Bereich hat mir einfach etwas gefehlt.“ Also begann er, die Daten der eigenen Spiele manuell in einer Google-Tabelle zu pflegen. Es entstand zunächst ein internes Statistik-Center, das sogar für kurze Zeit öffentlich auf der Sturmtief-Website abrufbar war. So konnten interessierte ProLeague-Spieler einen Blick auf Passstatistiken und gelieferte Vorlagen der Sturmtief-Elf werfen.
Daten im Spielbetrieb - mehr Potenzial als Praxis
Die gewonnenen Zahlen boten neue Perspektiven. KREA analysierte, wer sich ungewöhnlich oft unter Druck setzt, wer zweite Vorlagen spielt oder wie effektiv Spieler im Abschluss sind. Die Vision: datenbasierte Erkenntnisse zur Unterstützung der Spielanalyse. In der Praxis war der Effekt jedoch begrenzt: „So richtig einfließen tut davon aktuell nicht wirklich was in unser Spiel. Es wird eher als ‚nice to have‘ angesehen.“ Besonders in Phasen sportlicher Stagnation - wie sie KREA bei Sturmtief vor seinem Wechsel im Mittelfeld der League 2B erlebte - sinkt das Interesse an detaillierten Auswertungen. In Hoffenheim möchte KREA nun ein neues Kapitel in der eigenen ProLeague-Karriere aufschlagen. Als Neuling im TSG-Trikot bleibt abzuwarten, inwiefern auch in Hoffenheim eine ausführliche Datenanalyse möglich sein wird. Verpflichtet wurde Chris auf jeden Fall als Spieler, nicht als Datenscout.
Zahlen als Gesprächsstoff - aber nicht als Entscheidungshilfe
Auch in sportlich durchwachsenen Phasen blieben die Daten im Team präsent und werden regelmäßig angeschaut: „Das war mittlerweile wie der wöchentliche Drift zu Kicker, wenn die Bundesliga gespielt hat.“ Dabei ist der Umgang mit den Zahlen durchaus menschlich geprägt: Unvorteilhafte Werte werden eher ignoriert, gute hervorgehoben. Kritik am System gab es intern aber nie. Auch auf Aufstellungen hatten die Zahlen bisher keinen direkten Einfluss: „Vielleicht waren sie mal ein unterstützendes Argument, aber nie der alleinige Grund für eine Entscheidung.“
Überraschende Erkenntnisse
Insgesamt überraschte die Auswertung der Daten immer wieder. „Tatsächlich kann man ableiten, wer sich zum Beispiel auf seiner Position unüblich oft in Situationen bringt, in denen man Bälle unter Druck spielt oder wer aktiv am Geschehen teilnimmt und zweite Vorlagen spielt. Auch mit der ‚Schüsse/Schüsse aufs Tor‘-Quote kann man meiner Meinung nach viel anfangen und so schauen, wer sich zu einer Großchance spielt und wer eben einfach oft schießt. Bei den Pässen finde ich das schwieriger, das hängt stark vom Gegner und den Mitspielern ab“, so KREA.
Außerdem ergänzt er: „Bei dem ein oder anderen Spieler sieht man deutlich bessere Passquoten auf dem Papier, als man es beim Spielen vermuten würde! Aber überrascht hat mich tatsächlich am meisten, dass man Angriffe nachempfinden kann, wenn man sich die wichtigen Pässe und zweiten Vorlagen anschaut. Da kann man sehr gut ablesen, wer sich wie im Angriff einbringt.“
Positives Feedback von außen
Auch andere Teams wurden auf das Daten-Projekt aufmerksam. Das Feedback? Überwiegend positiv. „Ich kann mich an kein Gespräch erinnern, in dem negative Kommentare fielen“, sagt KREA. Viele schätzten die Einblicke, aber kaum jemand schien bereit, selbst die notwendige Zeit in ein eigenes Statistik-Center zu investieren. Denn genau das ist die Kehrseite der Verfügbarkeit vieler Daten: „Gerade an Tagen mit fünf bis sieben Pflichtspielen sitzt man danach nochmal eine ganze Weile dran.“ Die manuelle Eingabe beansprucht demnach noch zusätzliche Ressourcen neben dem regulären Spielbetrieb.
Ein besonderes Daten-Experiment mit bleibendem Eindruck
Auch wenn das Statistik-Center inzwischen nicht mehr aktualisiert auf der Sturmtief-Website abrufbar ist, hinterlässt es bleibenden Eindruck. Es bot einen einzigartigen Blick auf das Geschehen auf dem digitalen Rasen und veranschaulichte, wie viel Potenzial in datenbasierter Spielanalyse steckt.
Besonders interessant sind die Parallelen zum Engagement von Gotugai, der in einer Folge von Clubs mit Soße vorgestellt hat, wie er vor einigen Jahren einen ähnlichen statistikbasierten Ansatz in seiner Mannschaft implementieren wollte. Für interessierte Daten-Fans lohnt sich auf jeden Fall ein Klick auf Clubs mit Soße - Folge 17.
Vielen Dank an Chris, der sich für das Beantworten der Fragen Zeit genommen und damit eine spannende Facette des Pro Clubs beleuchtet hat. Sollte jemand Interesse an den Tabellen oder Vorlagen haben, freut sich Chris über eine Nachricht auf Discord.
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